Schöner Mäntliser (Ersatztour für Lauteraarhorn vom 25./26. Juni)
Unaufhörlich tropft`s von meiner Stirn ins Gesicht. Ich bemühe mich positive Gedanken zu finden oder den Blick für die grossartige Landschaft des Leutschachtals offen zu halten.
Der Rucksack drückt meine ohnehin kleine Gestalt erbarmungslos in den Boden. Das Zelt, die zwei Seile, Keile und Friends, Kleider, Essen und Trinken für zwei Tage. Es ist viel Material zusammengekommen, das den dreistündigen Aufstieg vom Arnisee zur Leutschachhütte hoch getragen werden will. Meine vier Kameraden leiden sichtlich auch unter der schwülen Hitze, die trotz starker Bewölkung das Tal fest im Griff hat.
Weg wird jetzt etwas steiler, windet sich an Felswänden vorbei und führt endlich an den Nidersee, der mit seinem türkisblauen Wasser betörend schön auf uns wirkt. Weiter geht’s an der Leutschachhütte vorbei zum Obersee. Unser Ziel ist erreicht. Wir verlieren keine Zeit und richten unseren Lagerplatz auf dem steinigen Gelände ein.
Es ist 15.00h. Die Luft hat sich etwas abgekühlt. Unsere Zelte geben ein schönes Bild ab zwischen den Felsbrocken am Ufer des Obersees auf 2200m. Im Nebel dahinter ragt unser morgiges Tourenziel, der Mäntliser hoch empor. Nur eine kleine, weisse Gestalt stört die Idylle, vor allem aber die Fischer am Ufer des Sees. In kühner Manier springt das Weisse in das Blaue um nach einigen kräftigen Zügen wieder an Land zurück zu kehren. Mit geschwellter Brust entsteigt unser Vizepräsi dem Bergsee und nennt uns Andere Hasenfüsse.
Mit grosser Entschlossenheit entledigt sich nun auch Röbi seiner Kleider und stürzt sich ebenfalls ins kühle Nass. Dem Rest der Truppe gelüstet es eher nach einem kühlen Bier in der Hütte, als nach einem Bad.
Die Leutschachhütte ist sehr heimelig und der junge Hüttenwart sehr freundlich. Schnell kommen wir mit ihm ins Gespräch und er gibt uns einige wertvolle Tips für unsere morgige Tour.
Als wir die Hütte verlassen setzt plötzlich Regen ein. Wie auf ein Kommando spurten wir los, den Hügel empor zum See, wo unser Essen, Kleider und die Schlafsäcke ungeschützt herumliegen. In Windeseile ist alles in den Zelten verstaut. Zusammengepfercht wie eine Herde Karibus sitzen wir zu fünft in meinem Zweierzelt und warten das Ende des Gewitters ab.
Nach einer Stunde ist der Spuck vorbei und wir beginnen mit den Vorbereitungen zum Nachtessen. Der Menuplan sieht ein Apero mit
Chips, Nüssli und Bier vor. Als Hauptgang geniessen wir ein würziges Nasi Goreng mit Rotwein und als Krönung verführt uns Röbi mit seinem frisch zubereiteten Erdbeerkuchen, Rahm und dem selbst
gebrannten Heubeeri-Träsch. So legten wir uns vollgestopft wie Putten in unser warmes Nestchen und genossen die wohlverdiente Nachtruhe.
Die ersten Sonnenstrahlen streichelten das Aussenzelt als ich den Reissverschluss aufriss und die wohlige Wärme aus dem Zelt entliess. Ein herrlicher Tag stand uns bevor. Der Mäntliser zeigte zum ersten Mal seine imposante Südostflanke. Eine Zweierseilschaft stapfte an unseren Zelten vorbei. Das Klingen der Expressen und Karabiner und ihre höhnischen Blicke machten mich etwas nervös. Da kommt noch eine weitere Seilschaft und noch Eine...
Es war höchste Zeit aufzustehen! Nach kurzem Frühstück mit selbst gemachter Erdbeerkonfi von Röbi machten auch wir uns zum Einstieg.
Unsere dunkelsten Vorahnungen wurden gar noch übertroffen, als wir dem Treiben in der ersten Seillänge zuschauten. Der Mäntliser hat an diesem wunderschönen Tag mehr Besucher als sonst das ganze Jahr über. Der Tourenbericht im Alpen zeigt Wirkung. Geduldig warteten wir. Dann geht’s los. Die erste Seillänge bietet Kletterei im 3./4. Grad in brüchigem Gestein. Die nachfolgenden Seillängen werden in kompaktem Gneis durchstiegen, wobei die Absicherung alpin ist. Mal plattig in der Wand, dann wieder auf dem Grat im guten 4. Schwierigkeitsgrad.
Wir kamen nur mühsam voran und hatten zwischendurch immer wieder lange Wartezeiten. Die ostschweizer Seilschaft vor uns zelebrierte eine neue Sportart; das „Felshochzüche“!
Nach 12 Seillängen (Im Topo stehen 8) waren wir auf dem Gipfel. Die herrliche Aussicht konnten wir nur kurz geniessen, stand uns doch ein zweistündiger Abstieg bevor. Durch brüchiges, steiles Felsengelände gelangt man zur Steinchelenfurggi. Die folgende steile Geröllhalde und einige Schneefelder rutschten wir zügig hinunter und über den Wanderweg zurück zur Hütte.
Mittlerweile waren wir schon 7 Stunden unterwegs und konnten uns auch jetzt keine Pause gönnen. Die Zelte hatten wir in weinigen Minuten abgebaut und schon waren wir im Eiltempo zur Bergbahn Intschi-Arnisee am Absteigen. Nach 1.5h Abstieg erwischten wir in Extremis die letzte Bahn. Müde aber voller Eindrücke machten wir uns auf die Heimreise.
Tourenleiter: Chrigu Duss
Teilnehmer: Röbi Emmenegger, Tobias Gutheinz, Severin Schenker, Benno Unternährer
Bericht: Benno Unternährer